5. Sep. 2013
Der Friedhof verändert sich! Wie diese Veränderungen aussehen, worin sie sich gründen, welche weitreichenden Konsequenzen sie mit sich bringen und welche Chancen sich für die Zukunft unserer Friedhöfe daraus ergeben, waren Themen des 2. Friedhofsgipfels, der unter der Überschrift „Auf dem Weg zu neuen Traditionen” am 4. September in Köln auf dem Friedhof Melaten stattfand. Initiator der Veranstaltungsreihe „Friedhofsgipfel” ist die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V.. Bereits im Herbst 2012 hatte es das erste Treffen dieser Art auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg gegeben. Geladen waren auch in diesem Jahr in Köln wieder Personen, die sich in ganz unterschiedlicher Art und Weise beruflich mit dem Friedhof beschäftigen - Steinmetze, Friedhofsgärtner und Friedhofsbetreiber ebenso wie Wissenschaftler, Journalisten und Buchautoren. Als Referenten konnten die Soziologen Matthias Meitzler und Dr. Thorsten Benkel von der Goethe-Universität Frankfurt sowie der niederländische Historiker Dr. Wim Cappers gewonnen werden.
Friedhöfe bieten mehr
Über „Individualität und sozialen Wandel auf dem Friedhof der Gegenwart” sprachen Meitzler und Benkel. Die beiden Soziologen führen seit 2010 ein Forschungsprojekt zum „Wandel der Bestattungskultur” durch. Sie zeigten auf, dass heute bei der Grabgestaltung religiöse Jenseitsaussichten oder kollektive Überbauten eine immer geringere Rolle spielen. Stattdessen rücke bei der Gestaltung von Grabstätten häufig der Blick auf das Leben des Verstorbenen in den Vordergrund. „Gräber werden immer bunter und ganz individuell mit Fotos oder auch Gebrauchsgegenständen geschmückt. Auf Grabsteinen finden sich heute private Lebensweisheiten, Hobbydarstellungen, Songtexte oder auch andere Verweise auf die Populärkultur”, beschrieb Meitzler die Veränderungen. „Mithilfe von sozialwissenschaftlicher Feldforschung auf bislang über 400 Friedhöfen im deutschsprachigen Raum können wir aufzeigen, dass dahinter ein sozialer Wandlungsprozess steht.”
„Die holländische Friedhofskultur in historischer Perspektive” stellte der Arnheimer Dr. Cappers vor. In vielen Publikationen der letzten Jahre wurden die liberalen Niederlande für ihren unkonventionellen Umgang mit dem Thema Sterben und Tod sowie für ihre vermeintlich vielfältige und deshalb attraktivere Bestattungskultur hervorgehoben. Beim Vortrag und in der anschließenden Diskussionsrunde in Köln stellte sich aber heraus, dass die deutsche Friedhofskultur in weiten Teilen mittlerweile wesentlich facettenreicher und lebendiger ist, als die des Nachbarlandes. „Überhaupt werden Friedhöfe hierzulande häufig unterschätzt”, zieht Christoph Keldenich, Vorsitzender der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V., sein Resümee beim 2. Friedhofsgipfel. „Kein anderer Bestattungsort bietet eine solche Wahlfreiheit, was Beisetzungsart und die anschließende, individuelle Gestaltung der Grabstätte angeht.” Das habe auch die morgendliche Führung der Friedhofsgipfel-Teilnehmer auf dem Friedhof Melaten deutlich gezeigt. Ob Erdbestattung oder Urnenbeisetzung, klassische Familien- oder Einzelgrabstätten, anonymes Gräberfeld, pflegefreies Wiesengrab, gärtnerbetreute Bestattungs-, Themen- oder Memoriamgärten - diese Vielfalt und natürlich die besondere Atmosphäre der Orte sei es, die unsere Friedhöfe ausmache und ihnen auch langfristig einen festen Platz in der deutschen Kultur geben würde. Anlagen mit wenigen Angeboten und allzu strengen Friedhofsatzungen, die die Wünsche nach Vielfalt und Individualität verwehrten und die Entwicklung neuer Traditionen nicht zuließen, würden dagegen von den Menschen heute oft als unattraktiv empfunden.
Preisverleihung: Das schönste Grabmal Deutschlands
Im Rahmen des Friedhofsgipfels in Köln fand auch die Preisverleihung für die Gewinner des diesjährigen Grabmal-TEDs statt. Von April bis August konnte unter grabmal-ted.de über das beste Grabmal Deutschlands abstimmt werden - rund 50.000 Besucher verbuchte die Seite in diesem Zeitraum. 19 Gestalter hatten im Vorfeld 31 Vorschläge eingereicht. Gewonnen hat ein Grabmal von Bernd Foerster aus dem nordhessischen Homberg (Efze). Auf die folgenden Plätze wählten die Internetnutzer eine Arbeit des Metallgestalters Karl Winfried Vogel aus Fulda und ein weiteres Grabmal von Foerster. Der Grabmal-TED fand in diesem Jahr bereits zum achten Mal statt. Zugelassen waren diesmal nur in Deutschland hergestellte Grabmale aus einheimischen Materialien.